DRACHENNEST

DRACHENNEST

Schon seit einer Weile fahren wir über die staubtrockene Schotterpiste und sollten nun bald zur Abzweigung kommen, die uns zur White Pocket führt. Im Visitor Center von Kanab hat man uns versichert, dass die 15 Kilometer Tiefsand mit unserem Fahrzeug zu meistern sind… Hinter uns fahren Nina und Jim, ein deutsch-amerikanisches Paar. Sie haben spontan ein 4×4 Jeep gemietet und begleiten uns zu diesem sagenumwobenen Ort mitten im Nirgendwo. Zu Beginn sind die Sandspuren noch nicht sehr tief, dies ändert sich aber mit jeder Kurve. Mit niedrigem Reifendruck rollt und wabbelt unser Zuhause-auf-Rädern aber Kilometer für Kilometer weiter. Manchmal heult der Motor vor Anstrengung auf, wenn wir uns den Weg durch den Sand graben. Aber mit der Getriebeuntersetzung lässt uns unser Mobil nicht in Stich und wir erreichen das Ziel ohne Probleme.

Unser Übernachtungsplatz liegt direkt an der Felsformation mit dem Namen White Pocket. Die Gegend scheint magisch und ist atemberaubend schön. An manchen Stellen überziehen die Steine den Boden wie Reptilienschuppen. Wer weiss ob es wirklich nur Steine sind oder hier nicht doch ein riesiger Drache schläft… Wir bleiben bis spät in die Nacht. Die Dunkelheit ist vollkommen und so strahlt die Milchstrasse über uns wie ein herrlicher Lichterbogen. Überwältigt von der Landschaft und dem klaren Sternenhimmel beschliessen wir einen Tag länger zu bleiben.

RETTUNGSAKTION

Auch die Rückfahrt meistern wir ohne Schwierigkeiten und erreichen die Schotterpiste welche zurück in die Zivilisation führt. Plötzlich rennt uns ein junger Mann völlig ausser Atem entgegen. Wir stoppen und er erklärt uns, dass er mit seiner Familie aus Japan einige Kilometer ab von der Schotterpiste im Sand stecken geblieben sei. Sie wollten mit einem normalen SUV zur White Pocket fahren und haben den falschen Abzweiger erwischt. Wir finden die Familie völlig festgefahren und mit den Nerven am Ende. Leider können wir sie nicht aus dem Sand ziehen, da knorrige Bäume mit tiefhängenden Ästen unseren Weg versperren. Deshalb fahren wir die ganze Familie bis zur nächsten Tankstelle wo wir ihnen einen Abschleppdienst organisieren. Sie sind überglücklich und nur zwei Tage später erhalten wir eine herzliche Email aus Japan mit Worten des Dankes und einer Einladung auf die Insel.

ENDLOSE TIEFE

Wir fahren weiter zum Grand Canyon wo wir die nächsten Tage verbringen. Die Nächte auf diesem Plateau, das teilweise auf fast 3000 Meter liegt, sind eisig kalt! Nina und Jim reisen mit dem Zelt und sind froh, sich abends bei uns aufzuwärmen bevor sie in ihren dicken Schlafsäcken verschwinden. Wir kochen gemeinsam, spielen Karten und essen dazu Kürbiskuchen, der in den USA zu dieser Jahreszeit Tradition hat.

Die Schluchten des Grand Canyons sind gewaltig und lassen die Knie bei einem Blick in die Tiefe zittern. Wir wandern ein Stück auf einem steilen Trampelpfad hinab nur um festzustellen, dass wir noch lange nicht den Boden erreicht haben. Der Canyon welcher der Colorado hier gegraben hat scheint nahezu unendlich in die Tiefe zu führen. Wir treffen auf einige äusserst Sportliche, die den Rim-to-Rim Trail – eine 60 Kilometer lange Wanderung von der einen auf die andere Seite und wieder zurück mit zwei Mal 2000 Höhenmeter dazwischen – in einem Tag absolvieren!

Nach einer tollen Zeit verabschieden wir uns von Nina und Jim da wir in unterschiedlichen Richtungen weiterreisen. Unser Weg führt uns als nächstes ins Dead Valley, einem der trockensten Flecken auf dieser Welt und einer der wenigen Orte, welche tiefer als der Meeresspiegel liegen.

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