EL CONDOR PASA

Am Morgen des zweiten Tages in Arequipa machen wir uns auf, den König der Lüfte zu suchen. Die Fahrt in den Colca-Canyon führt uns zuerst quer über ein Hochplateau mit hunderten von Alpacas – sie werden wegen ihrer Wolle auch das Gold der Anden genannt und in Herden gehütet wie bei uns die Kühe auf der Alp.

Im Gegensatz zu einigen “Höhen-Frischlingen” aus Lima geniessen wir die Aussicht auf dem 4910 Meter über Meer liegendem Patapampa-Pass bei bester Gesundheit. Aus Rücksicht auf die bleichen Gesichter setzen wir unsere Fahrt bald fort und erreichen nach dem Mittag das Colca-Tal.

Zu Inka-Zeiten haben die Menschen hier die umliegenden Berge wie Götter verehrt. Überhaupt zogen sich die Gipfel durch das ganze Leben, wie Spuren in den Grabstätten zeigen. Nicht nur, dass diese nur nach einem mühsamen Aufstieg zu besichtigen sind – nein, damit ihr Kopf analog dem Lieblings-Berg aussah, haben sich die Menschen mit Holzbretter und straffen Seilen die Schädelform verändert…

Das Frühstück am nächsten Tag ist auf 5 Uhr angesetzt, daher ziehen wir bereits um 9 Uhr abends die warmen Decken im unbeheizten Hostal über unsere Nasenspitzen. Noch vor Sonnenaufgang geht es dann zum Mirador Cruz del Condor. Während Stefan die Kamera-Einstellungen zum dritten mal überprüft, geniesst Thomas in der Morgendämmerung die Aussicht auf die Terrassen aus der Inka-Zeit.

Der Bus hat noch nicht angehalten, entdecken wir das erste Exemplar am Himmel! Und mit der aufsteigenden Sonne schwingen sich immer mehr Anden-Kondore in die Luft und ziehen majestätisch ihre Kreise. Wir geniessen das Start- und Landeschauspiel. Aber nicht nur der Blick nach oben lohnt sich – unter uns breitet sich der bis zu 4000 Meter tiefe Colca-Canyon aus. Er ist damit mehr als doppelt so tief wie der Grand Canyon in den USA. Leider vergeht die Zeit sprichwörtlich wie im Flug und bald müssen wir uns auf den Rückweg nach Arequipa machen – mit dem Machu Picchu und einer Amazonas-Dschungeltour warten in Cusco weitere Abenteuer auf uns…

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