IM LAND DES KAFFEES

IM LAND DES KAFFEES

Wir kommen soeben zurück von einer Wanderung durch das Palmental von Cocora. In der «Zona Cafetera», der Kaffeezone wie diese Gegend von Kolumbien auch genannt wird, wachsen die berühmten, bis zu 60 Meter (!) hohen Wachspalmen. Deren fast zierlich wirkende Krönchen, welche sich vor dem schweren Dunkelgrau der quellenden Wolken abzeichnen, bieten ein tolles Fotomotiv. Der Rund-Wanderweg führt über riesige Weiden hinauf zum Saum des Nebelwaldes und auf der anderen Bergseite hinunter durch den Wald entlang eines Baches, den wir mittels abenteuerlich wirkenden Hängebrücken zigmal überqueren. Wir haben Glück, der Himmel zieht erst zum Schluss zu und jetzt nieselt es draussen und wir lassen unsere ersten Wochen auf Südamerikanischem Boden bei einer Tasse leckerem Kolumbianischen Kaffee Revue passieren… Nach den Ländern in Zentralamerika kommt uns Kolumbien unglaublich gross vor und wir fühlen uns fast etwas verloren zwischen den riesigen Gebirgsketten. Die Tage in Kolumbien waren bisher sehr abwechslungsreich, aber alles schön der Reihe nach.

HAFENSTADT MIT CHARME

Während wir in Cartagena auf die Ankunft unseres Fahrzeuges aus Panama warten, erkunden wir das koloniale Städtchen. Es herrscht eine Mischung aus kolumbianischem und karibischem Stil und wir flanieren durch die Strassen und engen Gässchen auf der Suche nach den berühmten Graffitis, welche die Strassen noch bunter machen als deren fröhlich-farbigen Häuser und Türen. Wir besichtigen die monumentale Festungsanlage, die in jahrhundertelanger Schufterei entstanden ist und die Stadt gegen die Plünderungen von Korsaren, Freibeuter und später vor der Invasion der Engländer schützen sollte und geniessen dabei die sehr willkommene Abkühlung in den langen, dunkeln und feuchten Tunneln im Untergrund. Abends treffen wir uns mit anderen Overlander zum Essen und tauschen Reiseideen für die kommenden Monate aus. Wir können es kaum erwarten endlich loszufahren und sind überglücklich als wir unser rollendes Zuhause nach zwei Tagen Bürokratie im Hafen in Empfang nehmen können. Jetzt trennen uns nur noch ein Grosseinkauf und das Füllen von Wasser, Diesel und Propangas von der Abfahrt.

EIN WIEDERSEHEN

Unser erstes Ziel ist Minca. Hier besuchen wir Ana-Maria und Mike, die sich vor einigen Jahren in Kolumbien niedergelassen haben. Wir kennen die beiden von unserer letzten Weltreise mit dem Rucksack, wo wir sie auf einer Insel in Malaysia beim Tauchen getroffen haben. Sie sind damals weiter nach Australien gereist, haben sich dort einen Toyota Land Cruiser gekauft und diesen schlussendlich nach Argentinien verschifft. Von dort fuhren sie bis nach Kolumbien wo sie sich ein Stück Land und später eine kleine Finca mit Kaffeesträuchern gekauft haben. Sie engagieren sich in sozialen Projekten im Dorf, helfen der lokalen Bevölkerung mit Ideen zu Nachhaltigkeit, Mülltrennung und bewirtschaften daneben die Kaffeesträucher und Fruchtbäume ihrer Finca. Von eben diesen Sträuchern trinken wir jetzt den Kaffee und wir haben genügend davon eingekauft, dass er uns noch lange ausreichen wird. Wir parken direkt in der Einfahrt vor ihrem Haus und verbringen gemütliche Tage und Abende mit den Beiden, schwelgen in Erinnerungen alter und in Vorfreude kommender Reisen.

Schliesslich wird es aber Zeit sich zu verabschieden, denn es liegen noch etliche tausend Kilometer Weg quer durch Kolumbien vor uns und so fahren wir weiter ins Landesinnere zu den hübschen, äusserst pittoresken Kolonialstädtchen Barichara und Villa de Leyva. Beide Dörfchen wurden in den letzten Jahren mit viel Sorgfalt restauriert und wissen mit ihrem Charme Touristen anzuziehen. Einmal mehr laufen wir also auf Kopfsteinpflaster um grosszügige Plazas, staunen über die schön geschnitzten Balkone und Tore und verwöhnen uns in hübsch gestalteten Innenhöfen mit einem köstlichen Stück Kuchen aus der französischen Bäckerei oder einem gehaltvollen Kaffee.

ÜBER UMWEGE ANS ZIEL

Danach aber müssen wir weiter nach Medellín da leider unser Heisswasser-Boiler nach zwei Jahren Vollzeit-Leben im Auto rinnt. Glücklicherweise haben wir jemanden gefunden, der mit halb leerem Koffer nach Kolumbien fliegt und uns einen neuen Boiler-Kessel mitbringt und uns diesen direkt am Flughafen übergibt. An dieser Stelle noch einmal ein herzliches Dankeschön an den Boten, wir sind froh über die warme Dusche hier im kühlen Hochland von Südamerika. ?

Der Weg nach Medellín führt quer über mehrere Gebirgsketten und – wie sollte es auch anders sein – die Strassen in diesen abgelegenen Gegenden sind schlecht, holprig und vor allem kurvenreich. Unser erster Versuch die Berge zu überwinden scheitert nach knapp 6 Stunden und 130 Kilometer Fahrt wegen einem Erdrutsch. Die Strasse ist komplett gesperrt und bis die schweren Maschinen die Erdmassen und Bäume geräumt haben, kann es Tage dauern. Soviel Zeit haben wir nicht bis unser Paket in Medellín ankommt und so müssen wir Kurve um Kurve alles wieder zurück zum Ausgangspunkt. Beim nächsten Versuch auf einer Alternativ-Route haben wir mehr Glück und schaffen es nach einem zweitägigen Umweg rechtzeitig zum Flughafen in Medellín. Auf dem Weg besuchen wir aber noch die Seenlandschaft um Guatapé mit dem imposanten Peñol-Felsen. Der riesige Felsbrocken liegt irgendwie verloren in dieser Landschaft und man frägt sich, wie er da hingekommen ist. Über siebenhundert Treppenstufen führen auf dessen Spitze und sind der Preis für eine fantastische Aussicht über den See.

DIE STADT DER DROGEN-KARTELLE

Unsere Tage in Medellín sind vor allem geprägt durch Service-Arbeiten an unserem Fahrzeug. Die steile Anfahrt hinunter in den Talkessel hat unsere Bremsen ins Schwitzen gebracht und wir ersetzten Bremsklötze und Bremsflüssigkeit. Nach über 80’000 Kilometer spenden wir unserem Gefährt zudem neue Reifen die hoffentlich bis nach Hause halten. Der leckende Heisswasser-Boiler muss ebenfalls ausgebaut und der neue Kessel eingepasst werden und wir sind stolz, als wir nach ein paar Stunden handwerkeln wieder fliessend heisses Wasser haben. ?

Dazwischen lassen wir uns aber den Besuch einiger Sehenswürdigkeiten in der Stadt mit ihrer gewalt-geladenen Vergangenheit rund um die Herrschaft von Pablo Escobar und den Drogen-Kartellen nicht entgehen! Wir schweben mit den als Ergänzung zur U-Bahn gebauten Seilbahn-Linien über ganze Stadtteile hinweg und schauen aus der Vogelperspektive auf die Wellblechdächer der Backsteinhäuser und hunderten von Balkonen herab. Die Seilbahn verbindet die Quartiere an den Berghängen zu beiden Seiten des Tals mit der Innenstadt und ermöglicht deren Bewohner viel schneller zwischen ihrem Zuhause und dem Zentrum zu pendeln. Ausserdem machen wir einen Rundgang durch die berühmt-berüchtigte Comuna 13, das Quartier das bis vor wenigen Jahren für die Bandenkriege der Drogenmafia bekannt war. Heute sind die 140’000 (!) Bewohner des «Barrios» stolz auf die Graffiti-Künstler, Musiker und Tänzer die das Quartier hervorbringt und die Gegend präsentiert sich herausgeputzt für die Touristen die interessiert sind an der Geschichte und deren Einwohner.

ÜBER BERG UND TAL

Es vergeht fast eine Woche bis wir Medellín verlassen und die restliche Zeit in Kolumbien verbringen wir in der weitläufigen Landschaft, fahren hunderte von Kilometer durch Täler, über etliche Pässe bis zum Tal der Wachspalmen wo unser Reisebericht seinen Anfang genommen hat. Einer dieser Passfahrten bleibt uns dabei in besonderer Erinnerung… Mit jedem Meter den wir an Höhe gewinnen, wird die Piste schlechter und mit dem einsetzenden Regen füllen sich die Schlaglöcher mit braunem Wasser so dass wir nicht mehr abschätzen können, wie tief diese sind und unsere Geschwindigkeit fast auf Schritttempo senken müssen. Immer wieder gibt es einspurige Streckenabschnitte direkt am steilen Abgrund und nachdem wir an einem umgekippten Lastwagen vorbeifahren dessen Hinterachse aufgrund der abgebrochenen Strasse wortwörtlich den Boden unter den Rädern verloren hat, rufen wir vor jeder Kurve ein Stossgebet aus und hoffen, dass uns nicht ausgerechnet im ungünstigsten Zeitpunkt ein Sattelschlepper entgegenkommt.

Über Tage und viele Kilometer haben uns diese grünen Hügelketten begleitet… 

EINE HÜBSCHE WÜSTE

In den nächsten Tagen werden wir nach Ecuador einreisen, nicht aber ohne der Tatacoa-Wüste einen Besuch abzustatten. Es ist eine Trockensavanne und der Name Tatacoa stammt von den Indigenen und bedeutet «Klapperschlange». Das ganze Gebiet ist ungewöhnlich trocken und besteht aus welligem, rot, ocker oder grau gefärbtem Land, in das die Erosion bizarre, bis zu zwanzig Meter tiefe Canyons gefressen hat. Die Temperaturen können während der Mittagszeit 45 Grad Celsius erreichen und die ganze Landschaft erinnert uns ein wenig an die USA mit ihren roten Felsen und Schluchten in Utah. Wir finden einen Übernachtungsplatz mit einem grandiosen Blick über die Canyons und lassen uns vom goldenen Licht der untergehenden Sonne verzaubern. Die Gedanken schweifen dabei in die Ferne und wir freuen uns auf die kommenden Abenteuer in Ecuador.

Sieh dich doch selbst um in der Tatacoa-Wüste:

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